Mein Lieblings-Oneshot: Goblin Grinder

Ich spiele gern Rollenspiel-Oneshots. Ich mag es, für eine Runde zusammenzukommen und ein Abenteuer an einem Abend abzuschließen. Und ich bin immer auf der Suche nach spannenden Abenteuern. Der Oneshot, den ich wohl bisher am meisten geleitet habe, ist Goblin Grinder von Ripley Caldwell für Mörk Borg (etwas runterscrollen, nach den T-Shirts kommen die Abenteuer). Ich habe das Abenteuer bisher sechsmal mit verschiedenen Gruppen gespielt und es eignet sich super als Einstieg in das System, aber auch als genereller Rollenspiel-Einstieg. Was ich daran so toll finde und warum es für mich ein guter Oneshot ist, liest du hier.

Dieser Text kommt nicht ohne massive Spoiler aus, wenn du Goblin Grinder nicht kennst und noch spielen willst, solltest du jetzt aufhören zu lesen.

Titelbild von „The Goblin Grinder“ illustriert von Johan Nohr.

Die Story

In Galgenbeck herrscht eine Goblinplage. Diese miesen Kreaturen lungern in den Gassen oder springen den Menschen aus ihren Küchenschränken entgegen. Und sie vermehren sich rasant: wer von einem Goblin angegriffen wird, ist dem Goblinfluch ausgesetzt und verwandelt sich selbst in d6 Tagen in ein solches Biest. Um den Fluch zu brechen, muss man den Goblin töten, der den Fluch übertragen hat. Leider sind die Biester wahnsinnig flink. Glücklicherweise gibt es neuerdings noch eine weitere Möglichkeit, verschont zu bleiben. Nagel Krat hat in Galgenbeck einen Arzneiladen eröffnet, in dem er Goblin-Heilmittel verkauft. Da sich die Monster rasant vermehren, wird das Heilmittel von Tag zu Tag teurer.

Das Abenteuer bietet 4 verschiedene Einstiege für die Charaktere. Wenn die Spielleitung sichergehen will, dass die Charaktere wirklich motiviert sind, sich den Herausforderungen zu stellen, dann werden sie selbst mit dem Goblinfluch infiziert. Und das will nun wirklich niemand einfach so auf sich sitzen lassen.

Der Shop von Nagel bietet gute Möglichkeiten für Investigation und Rollenspiel. Die Charaktere treffen auf die Türsteherin Qarg, die für Nagel die Drecksarbeit macht, und können sich im Laden umsehen und mit dessen Inhaber sprechen. Ist die Zeit knapp, kann die Spielleitung aber auch entscheiden, dass der Laden gerade schließt oder eine lange Schlange vor dem Geschäft den Charakteren den Zutritt erschwert.

Das eigentliche Abenteuer findet in einer Mühle statt, in die sich Nagel nach Ladenschluss mit seinen Einnahmen begibt. Die Charaktere folgen ihm oder bringen anderweitig in Erfahrung, dass er hier anzutreffen ist. Nagel Krat hat diese Mühle „geerbt“ und er nutzt den namensgebenden Goblin Grinder im obersten Stockwerk, um aus den Leichen unschuldiger Galgenbecker*innen Goblins zu machen. Die Plage nimmt er in Kauf, um den Menschen sein Goblin-Heilmittel zu verkaufen, das kein Heilmittel ist, sondern den Verwandlungsprozess nur um wenige Tage verzögert. Die Charaktere erkunden drei Stockwerke (und einen versteckten Keller), bevor sie hinter Nagels Plan kommen. Und diese Stockwerke sind so gestaltet, dass sie die Spieler*innen dazu einladen, ihre Umgebung zu nutzen und Kämpfe kreativ anzugehen. In meiner Erfahrung funktioniert das gut, auch mit Spieler*innen, die OSR-Rollenspiele nicht gewöhnt sind und erstmal mit gezücktem Schwert in die Kämpfe rennen. Sie merken schnell, dass Gegenstände und Mobiliar der Räume ihnen in Kämpfen Vorteile verschaffen können und zur Interaktion einladen.

Während sich die Charaktere durch die Räume schlagen, produziert Nagel unter dem Dach munter weiter Goblins. Je länger die Charaktere trödeln, desto mehr Goblins erwarten sie am Ende im Dachgeschoss. Die finale Konfrontation mit mindestens einer Handvoll Goblins, Nagel Krat und dem Bastard, einem riesigen Anführer der Goblins, sorgt dann für Mörk Borg-typische Eskalation. Kaum eine Gruppe hat sich in meinen Runden in eine frontale Konfrontation gestürzt. Stattdessen wurde meist nach Lösungen gesucht, alle Gegner*innen auf einmal zu beseitigen, was nicht selten in der kompletten Zerstörung der Mühle endet und für maximalen Spaß in allen Spielgruppen sorgt.

Was funktioniert?

Aber was macht Goblin Grinder für mich zu einem guten Oneshot?

Balance. Abschnitte, die zu Rollenspiel bzw. Investigation einladen, und „klassischer“ Dungeoncrawl halten sich die Waage. Die Gruppe kann sich gut einspielen (die für Mörk Borg typisch schrägen Charaktere helfen dabei ungemein). Wenn sie dem Mysterium auf die Spur kommen, folgt in der zweiten Hälfte die Erkundung der Mühle.

Innenausstattung. Die Räume sind so gut mit herausfordernden Feinden und Einrichtung bestückt, dass die Spieler*innen sofort anfangen, kreativ zu denken und ihre Umgebung (und ihr Equipment) clever zu nutzen. Zumindest in allen Runden, die ich bisher geleitet habe. Ich habe den Eindruck, dass die Räume wirklich daraufhin gestaltet wurden, dass viel Interaktion möglich ist und dass die Spieler*innen für jede Herausforderungen auch Dinge haben, die sie zu ihrem Vorteil ausnutzen können. Viele Feinde haben Waffen, die sich auch gegen sie verwenden lassen, wenn die Spieler*innen sie in ihre Gewalt bekommen.

Offenheit. Die Gestaltung der Umgebung lässt unterschiedliche Herangehensweisen zu. Ich habe noch keine zwei Durchgänge gehabt, in denen die Herangehensweise der Gruppen gleich war. Es gab Gruppen, die den Kampf auf jedem Stockwerk frontal angegangen sind. Und jüngst eine Gruppe von Rollenspiel-Erstlingen, die nach einer kurzen Goblin-Begegnung in der Stadt jeden Kampf mit kreativen Ablenkungs-Strategien vermieden haben.

Der Twist. Das Ende ist immer eine große Überraschung: die Spieler*innen sind auf der Suche nach dem Goblin-Heilmittel und obwohl ihnen auf mehreren Stockwerken angriffslustige Goblins entgegenspringen, dachten die meisten Gruppen, dass sie am Ende das heilende Gebräu finden würden. Das Nagel ganz andere Pläne hat, sorgt immer für Überraschung, die schiere Überzahl der Gegner*innen lässt gut gelaunte Frustration entstehen und das absurde Setting lädt dazu ein, das Finale völlig eskalieren zu lassen. Weil es ein Oneshot ist, haben die Spieler*innen nichts zu verlieren und können alle Register ziehen.

Länge. Das Abenteuer lässt sich gut in 3-4 Stunden spielen, je nachdem, wie viel Raum man für Erkundung lässt und wie intensiv die Kämpfe sind. Die Mühle hat fünf Räume, was mir anfangs als zu wenig für 4 Stunden vorkam. Wenn sich die Spieler*innen am Anfang Zeit mit der „Spurensuche“ lassen oder Kämpfe etwas länger dauern, kann es mit 4 Stunden (inklusive Pause und etwa 20 Minuten Regelerklärung und Charaktervorstellung) schon mal knapp werden.

Wo knirscht’s?

Kein Abenteuer ist perfekt und auch Goblin Grinder hat ein paar Schwachstellen.

Schlauchige Räume. Die Mühle als Schauplatz bedingt, dass sich die Charaktere von Stockwerk zu Stockwerk immer nur in eine Richtung bewegen können. Da alle Fenster mit Brettern verrammelt sind, gibt es keine Möglichkeit, alternative Wege auszukundschaften, um Gegner*innen in den Rücken zu fallen. Das stört auf Grund der gut gestalteten Räume weniger, wäre aber wünschenswert.

Beschreibungen. Genretypisch darf die Spielleitung viel improvisieren. Im ersten Teil des Abenteuers hätte ich mir aber mehr Tipps oder Ideen gewünscht, wie die Begegnung mit Nagel im Laden ausgehen kann und wie die Gruppe die Mühle findet. Der Laden und die beiden NPCs werden zwar beschrieben, aber was, wenn die Gruppe hier einfach die (wirkungslose) Medizin kauft und Nagel gar nicht auf dem Weg zur Mühle folgt? Wieso sollten sie Qarg befragen, was es mit der Medizin und Nagel auf sich hat? Ich mag es einerseits, als Spielleiter Freiheiten für Improvisation zu haben, hier hätten mir aber ein paar Stichpunkte gut weitergeholfen.

Gute Oneshots

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich Goblin Grinder auch gut mit anderen Systemen spielen lässt und schnell konvertiert ist. Einen Blick auf das Abenteuer kann ich sehr empfehlen. Die einzige Info, die man aus dem Mörk Borg-Regelwerk benötigt, sind die Goblin-Stats. Glücklicherweise gibt es das Regelwerk kostenlos, so dass dies keine Hürde darstellt. Goblin Grinder lässt sich nach einem Mal durchlesen super leiten und das Abenteuer macht richtig viel Spaß!

Ich bin weiterhin auf der Suche nach guten Abenteuern (nicht nur für Oneshots) und frage mich, wann ein Abenteuer für mich „gut“ ist. Welches kannst du mir empfehlen und warum?

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

Erstelle eine Website oder ein Blog auf WordPress.com