Wenn die AI in dein Kunstwerk kotzt

Ich stehe gerade vor einer unlösbaren Aufgabe. Ich möchte eine Nachtlandschaft malen. Glänzend hängt der Mond am Himmel. Silbrig fließt das Licht des Mondes zur Erde und ergießt sich über die Landschaft. Warum ich das malen möchte? Keinen Schimmer. Und genau das liebe ich an Kreativität. Kunst ist nicht rational. Auf irgendeinem Weg ist das Bild in mir entstanden und möchte nach draußen.

Aber das geht nicht. Ich habe keine Ahnung, wie fließendes Mondlicht gemalt wird. Überhaupt, wie ich darstellen kann, das etwas fließt. Wie dieses flüssige Licht sich mit der Landschaft verhält. Nun könnte ich natürlich eine KI bitten, mir Vorlagen auszuspucken und mit diesen arbeiten.

Ich mag generative KI nicht. „Ich mag nicht“ ist noch milde formuliert. KI macht mich wütend. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einer der wichtigsten: Ich glaube, dass KI Kreativität killt. Es gibt mittlerweile Studien, die belegen, dass kognitive Fähigkeiten bei der Nutzung von KI verkümmern.

Dabei ist es so verlockend einfach, ein paar Worte einzutippen und dann schöne Bildchen ausgespuckt zu bekommen. Warum sollte sich noch jemensch hinsetzen und Studien anfertigen, Skizzen zeichnen und verwerfen und durch all‘ die Verzweiflung hindurchgehen, die ein kreativer Prozess nun mal mit sich bringt?

Nun, weil am Ende dieses Prozesses etwas steht, das dieser Mensch geschaffen hat. Für das dieser Mensch gearbeitet hat. Sich Wissen angeeignet hat. Etwas, in dass dieser Mensch einen Teil seiner Seele gelegt hat. Ja, so blicke ich auf Kunst. Wenn ich die Maschine bitte, mir eine Nachtlandschaft zu zeichnen, in der das Licht des Mondes zur Erde fließt, dann kann sie das mechanisch tun. Sie versteht aber nicht, warum dieses Bild in mir entstanden ist und heraus will. Und genau diese nicht fassbaren Vorgänge würden das Bild beeinflussen, wenn ich es selbst malen würde.

Mir ist bewusst, dass es ein Privileg ist, die Zeit zu haben, sich mit Kunst zu beschäftigen, zu lernen und zu üben. Es gibt viele Menschen, denen schlicht die Zeit fehlt, ihre künstlerischen Fähigkeiten zu trainieren. Aber dann sehe ich immer noch lieber die hingekritzelte Skizze als das perfekte Bild.

Ich lese gelegentlich, dass KI zu einer Demokratisierung von Kunst beitrüge, weil alle Menschen „Kunst erschaffen“ können. Aber muss das denn jeder Mensch können? Wenn mein Herd nicht funktioniert, rufe ich eine*n Techniker*in. Wenn ich neue Kleidung brauche, kaufe ich sie von Firmen, die wissen, wie man Kleidung näht. Es ist doch ok, wenn nicht alle alles können.

Und Zugang zu Kunst hatten wir schon vor KI. Diese Website existiert doch genau aus dem Grund: Um zu zeigen, wie viele (zum Teil sogar kostenlose oder zumindest kostengünstige) Illustrationen und Malereien es gibt.

Ob ich dieses Bild jemals malen werde? Ich glaube nicht. Dazu fehlt mir die Ausdauer und Disziplin, Studien anzufertigen und mich reinzuarbeiten. Und dann ist es eben ok, dass das Bild nicht nach außen dringt. Es muss nicht immer alles verfügbar sein. Und in anderen Fällen mache ich mir die Mühe, fertige Skizzen an, verwerfe, lerne dazu und freue mich darüber, selbst etwas geschaffen zu haben. Darum geht es mir in meinem künstlerischen Prozess. Und das kann keine Maschine simulieren.

Eine Antwort zu „Wenn die AI in dein Kunstwerk kotzt”.

  1. Ein sehr anschaulicher Bericht, wo man sieht, dass es nicht nur um die Erschaffung eines Bildes geht. Es steckt oft so viel mehr Arbeit dahinter als man denkt.Was ich bei der angeblichen „Demokratisierung der Kunst“ noch immer nicht verstanden habe, ist warum sie durch Maschinen „demokratisiert“ werden musste. Bereits Kleinkinder haben Zugriff auf das Erschaffen von Kunst. Es braucht keine teuren Kurse oder gar ein Studium, wie uns viele autodidaktische Künstler und Kreative zeigen. Das Einzige, was man mitbringen muss – neben der Leiderschaft kreativ zu sein – ist Zeit. Zeit, um zu lernen wie man bestimmte Dinge abbilden kann, Zeit, um sich mit dem Medium der Wahl vertraut zu machen, und v.a. Zeit, um richtig hinsehen zu lernen. Doch genau das ist es wohl, dass viele heutzutage nicht mehr haben.

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